Ich will es weit bringen.
Ist doch klar, warum sollte man nicht versuchen alles aus dem Leben rauszuholen? Nur – was heißt das eigentlich, alles rausholen?
Will ich mehrfacher Milliardär sein, einen Bentley in der gepflasterten Einfahrt zum Grundstück meiner Villa stehen haben und einen Chauffeur, der mich zu meinen Multimillionen-Dollar-Terminen fährt?
Möchte ich der Fädenzieher sein, der die Geschicke der Welt im Hintergrund lenkt?
Oder will ich weltbekannt sein? Möchte ich, dass mich jeder erkennt und nach einem Autogramm fragt, und die Frauen kreischend in Ohnmacht fallen, wenn sie mich sehen?
Oder will ich vielleicht ein sicheres Einkommen, für das ich 40 Stunden meiner Woche eintausche, damit ich den Rest der Zeit mit meiner Familie und Freunden oder irgendwelchen Hobbys verbringen kann?
Was will ich eigentlich?
Ich glaube, ich musste mir diese Frage in meinem Leben einmal bewusst stellen.
Kann das Leben sonst überhaupt einen Sinn machen? Wenn ich ihm nicht selber einen Sinn gebe? Kann es sich sinnvoll anfühlen, wenn ich unter meinen Möglichkeiten bleibe und mir meine Wünsche nicht eingestehe? Weil mir beigebracht wurde, dass meine Wünsche nicht wichtig sind; oder aus Angst davor, was ich dafür tun müsste?
„Entweder du erträgst den Schmerz der Disziplin oder du erträgst den Schmerz des Bedauerns“ ist so ein Spruch, den viele wahrscheinlich als dummen Kalenderspruch aus der Coaching-Szene abtun würden. Aber ich verstehe ihn. [Link]
In meinem Leben fällt nicht alles von alleine an seinen Platz. Ich bin dafür lange zu gehemmt gewesen, meine Wünsche und Bedürfnisse zu artikulieren und entsprechend zu handeln. Ich habe mir also Gedanken gemacht, wer ich sein will.
Das ist wichtig gewesen: Wer ich sein will – Nicht: Was ich haben will.
Thorsten Havener, seines Zeichens „Gedankenleser“ und meiner Meinung nach ein faszinierender Mensch, hat einmal empfohlen in diese Richtung zu denken, um (frei übersetzt) ein glückliches und erfülltes Leben zu führen. [Link]
In unserer industrialisierten Gesellschaft legen wir viel Aufmerksamkeit auf das Haben. Wir suchen unser Glück im Haben. Als ob ein teures Auto, eine neue Küche oder ein größerer Fernseher uns langfristig zufrieden machen würden. Als ob wir inneren Frieden im Außen finden könnten. Als ob wir Reichtum im Besitz finden könnten. Schon die Bibel hat davor gewarnt.
Aber von so einem veralteten Unsinn wie der Bibel oder anderen spirituellen Lehren lassen wir uns ja heutzutage nicht mehr in die Irre führen. Was ein Glück! Stattdessen muss nun die wissenschaftliche Psychologie mühselig „herausfinden“, was von Buddhisten seit Jahrtausenden gelehrt und weitergegeben wird; dann erst darf man es glauben. Naja..
Wer will ich sein?
Ich will jemand sein, der seine Probleme angeht, sie überkommt und daraus lernt. Und ich möchte anderen helfen, ihre Probleme anzugehen, damit es ihnen besser geht. Aber ich will das aus einer Position der Weisheit heraus, ohne große Anstrengung machen; einfach nur indem ich vorlebe, was ich herausgefunden habe.
Ich möchte frei sein von den Erwartungen anderer. Harald Schmidt hat einmal gesagt, dass ihm die liebsten Auftritte immer die waren, wo alle leise waren, weil keiner mehr wusste, wovon er redet. Das war vielleicht nicht ganz ernst gemeint, aber so hört sich Freiheit an. [Link in progress]
Ich möchte unabhängig sein von dem, was die äußeren Umstände sind, und Kraft und Liebe aus mir selber schöpfen.
Ich möchte ein Projekt haben, ein Ziel mit dem ich mich identifizieren kann und von dem ich glaube, dass es einen Beitrag zu dieser Gesellschaft leistet.
Ich möchte jemand sein, der offen und neugierig auf andere zugeht, weil er mit sich selber offen und neugierig ist und sich deswegen selber liebt und schätzt und keine Angst davor hat herauszufinden, oder dass andere herausfinden könnten, wer er wirklich ist.
Ich möchte mich nicht verbiegen und mich in keiner Situation verstellen.
Ich will Gespräche mit interessanten Menschen führen und mich davon inspirieren lassen und ich will interessante Texte lesen und die Welt besser verstehen.
Ich möchte jemand sein, der seine Aufmerksamkeit lenken kann und dadurch im Lot mit sich selber und seinen Gefühlen und Bedürfnissen ist.
Ich möchte mich selber und das, was ich mache, lieben und schätzen und ein tiefes Gefühl innerer Befriedigung spüren.
Ich möchte das Verhalten anderer verstehen oder es zumindest hinnehmen können, wenn ich es nicht verstehe. Ich möchte nicht alles auf mich selber beziehen und mich davon irritieren lassen.
Ich möchte meinen Mann stehen, wenn mich etwas stört und es ansprechen.
Ich möchte mit Rückgrat durch die Welt gehen, ohne aber einen Schutzwall aufzubauen, damit keiner an mein verletzliches Inneres herankommt.
Ich möchte immer in Verbindung zu meiner Verletzlichkeit bleiben, ohne aber jedem ständig meine Probleme auf die Nase zu binden.
Ich möchte stark, aber echt sein. Das heißt, ich muss echte Stärke entwickeln, die ich nicht vortäuschen, sondern nur zulassen muss.
Ich will Scham und übertriebene Selbstzweifel ablegen und meine Ängste, Verwirrung, Vorsicht, Traurigkeit und Unsicherheit als Teile von mir akzeptieren, mich aber nicht von ihnen überwältigen lassen, sondern sie freundlich beobachten, wie sie kommen und gehen – genauso wie meine Freude, Begeisterung, Lachen, Sicherheit, Mut und Klarheit kommen und gehen werden.
Ich will den positiven Funken in jedem Menschen spüren und darauf reagieren, weil ich diesen Funken Liebe und Hoffnung in mir selber kultiviere und immer einen Zugang dazu habe.
Ich will mich mit dem Leben im Fluss fühlen und nicht gegen das Leben ankämpfen.
Hieße das nicht, dass ich tun muss, wo es mich hinzieht?
Dass ich einen Weg finden muss, mich den Großteil meiner Zeit mit Dingen zu beschäftigen, die mich begeistern oder zumindest grundsätzlich interessieren?
Anstatt meine Zeit gegen Geld einzutauschen, damit ich mir irgendwelche Dinge kaufen kann, die ich nicht brauche? Und in meiner Freizeit oberflächliche Gespräche mit meinen Freunden zu führen, weil ich mich nicht traue in die Tiefe meines Herzens zu schauen und keine interessanten Gedanken habe, weil ich mich den ganzen Tag mit Dingen beschäftige, die mich nicht berühren?
Ich kann das nicht, dafür bin ich einfach nicht gemacht.
Ich glaube – niemand ist dafür gemacht.
Beitragsbild erstellt mit DALL-E.